Das Hohenstaufen-Gymnasium verbindet Tradition mit Moderne. Mit diesen Worten beginnt das Leitbild des HSG für die Schulentwicklung, und dieses Motto spiegelt sich auch in der Architektur wider. Neben dem mittelalterlichen Kloster besteht das HSG noch aus dem „Anbau“ der Siebzigerjahre und dem „Neubau“ aus den Neunziger Jahren. Alle drei Gebäudeteile prägen das Stadtbild, am dominantesten natürlich das Dominikanerkloster. In ihnen spiegelt sich auch der jeweilige architektonische Zeitgeist wider. Das ursprünglich im Mittelaltererbaute Kloster wurde in der Barockzeit angepasst und in diesem Stile auch nach dem Brand 1906 wieder aufgebaut. Für den Anbau musste das sogenannte Kaiserhaus weichen. Dafür erhielt die Schule einen Gebäudeteil, der in vielen Details sehr weitblickend gedacht war. Der Architekt berücksichtigte die didaktisch-pädagogischen Erfordernisse genauso wie die stadtplanerischen. Im Anbau befinden sich die mit 70qm größten Klassenzimmer, die schon damals moderne Unterrichtsformen mit Gruppenarbeiten etc. ermöglichten. Unterstrichen wurde die Weitsicht durch viele kleine praktische Details wie z.B. die Ausstattung jedes Klassenzimmer mit einem Nebenraum und dem Einbau einer Abluftanlage, die sich gerade in der aktuellen Pandemiesituation als sehr wertvollerwiesen hat. Der Anbau „duckt“ sich aber gleichzeitig so, dass er sich harmonisch ans Bollwerk in Form und Farbe anfügt und gleichzeitig den Blick auf das Kloster und die Altstadt zulässt. Im Neubau spiegelt sich die Architektur der Neunziger Jahre mit viel Glas und Stahl, und damit verbunden hellen Klassenzimmern. Die drei Gebäudeteile gruppieren sich um den zentralen Schulhof und verleihen ihm einen Campus-Charakter, der durch das Bollwerk arrondiert wird.
Dieses einzigartige Ensemble bereitet aber auch Probleme. Die naturwissenschaftlichen Räume wie die Chemie- und Physiksäle befinden sich im Altbau und entsprechen nicht mehr den sicherheitstechnischen Erfordernissen. Dies führt zu Einschränkungen im praktischen Unterricht in diesen Fächern. Auch bedingt die historisch gewachsene Gebäudestruktur die Trennung von Funktionen. So gibt es z.B. jeweils einen Zeichensaal für Bildende Kunst im Anbau und im Neubau und einen Werkraum dazu im Untergeschoss des Klosters. Und viele Dinge sind inzwischen so in die Jahre(-zehnte) gekommen, dass sie dringend sanierungsbedürftig sind(z.B. das Flachdach und die Sanitäranlagen). Insofern ist es nur konsequent, dass die Stadt Bad Wimpfen als Schulträger die Sanierung vor zwei Jahren auf die Agenda gesetzt hat und seither zusammen mit der Schule die Weiterführung eines zeitgemäßen Unterrichts im 21. Jahrhundert angegangen ist. Dabei steht man vor der Problematik, das Alte zu bewahren und gleichzeitig im 21.Jahrhundert anzukommen. Am Beispiel des Klosters wird dies besonders deutlich. Baulich ließe sich vieles umsetzen, aber nicht, wenn man das Kloster in seiner Einzigartigkeit erhalten will. Der Denkmalschutz lässt vieles nicht zu. So kann das Dachgeschoss nur bedingt benutzt werden, weil die dazu gehörigen Fensteröffnungen nicht genügend Licht durchlassen und man keine größeren Dachgauben einbauen darf und will. Am deutlichsten werden die Einschränkungen im naturwissenschaftlichen Bereich. Die Flächensituation lässt schlicht und ergreifend nicht genug Platz, um einen Chemiesaal mit den heute nötigen Sicherheitsabständen für praktisches Schülerarbeiten zu gewährleisten, egal wie man die Räume dreht und wendet. Auch der zweite Rettungsweg ist nur schwerlich oder gar nicht zu gewährleisten. Und es ist im wahrsten Sinne des Wortes brandgefährlich, Physik und Chemie in einem Gebäude zu unterrichten, das weitestgehend immer noch aus einer Holzkonstruktion besteht. Auch die ausreichende Entlüftung der Chemiesäle ist nur mit größtem Aufwand zu gewährleisten.
Mit dem Architekturbüro hjp aus Würzburg wurde in Zusammenarbeit mit der Schulleitung ein Konzept entwickelt, dessen zentraler Baustein die Errichtung eines „Science-Cubes“ als neuen Gebäudeteil vorsieht, in dem die naturwissenschaftlichen Funktionen gebündelt werden und von vorneherein die Sicherheitsaspekte ausreichend berücksichtigt sind. Damit wird der immer größer werdenden Bedeutung der Naturwissenschaften auch an einem allgemeinbildendendem Gymnasium Rechnung getragen, die sich in neuen Fächern wie NwT und BNT ausdrückt.
Auch wenn die Arbeitsbezeichnung „Science-Cube“ zuerst einmal etwas anderes suggeriert, stellen die Architekten keinen Klotz in die Nachbarschaft, sondern haben eine harmonische Lösung gefunden, die sich dem Gelände und dem städtebaulichen Umfeld anpasst und gleichzeitig das Schulgebäudeensemble abrundet, so dass dann ein wirklicher Schulcampus entsteht. Selbstverständlich wurden auch Alternativen geprüft, vor allem der Ausbau des Dachgeschosses im Kloster oder die Verlagerung der naturwissenschaftlichen Räume in den Neubau. Wie problematisch der Ausbau des Dachsgeschosses ist, wurde oben schon angedeutet. Zum Denkmalschutz kommen noch die Themen Brandschutz, Fluchtwege, energetische Sanierung und Kostenrisiken hinzu. Auch die Verlagerung von naturwissenschaftlichen Fachräumen in den Neubau stellte sich als nicht sinnvoll heraus, weil zum einen der Neubau haushaltsrechtlich noch nicht ganz abgeschrieben ist und damit sogar in den 90er Jahren geflossene Fördermittelzurückgezahlt werden müssten. Zum anderen würde man zeitgemäße Klassenzimmer verlieren, die dann mit den baulichen Einschränkungen des Klosters dort untergebracht werden müssten. Letztendlich würden vier Klassenzimmer fehlen, die sowieso in einem neu zu erstellenden Bau untergebracht werden müssten.
Obwohl das Hohenstaufen-Gymnasium ursprünglich von der Schulverwaltung nur als dreizügiges Gymnasium genehmigt war, war es in der Vergangenheit immer überbelegt. Zu den Hochzeiten um die Jahrtausendwende und noch einmal zum Abiturdoppeljahrgang 2012/13 besuchten weit über 800 Schüler die Schule, was ungefähr einer 4,5-Zügigkeit entsprach. Dementsprechend musste improvisiert werden, und jeder Winkel wurde als Unterrichtsraum mitbenutzt. Teilweise wurden auch Unterrichtsräume im Konventhaus bezogen. In den letzten Jahren haben sich die Schülerzahlen wieder normalisiert und bei einer stabilen 3,5-Zügigkeit eingependelt, auf dessen Grundlage die Sanierung auch geplant wurde. Dies ermöglichte in den letzten Jahren auch die Umwidmung einiger nicht als Klassenzimmer geeigneter, aber trotzdem als solche benutzter Räume wie z.B. der „Raum mit Säule“ (R304)unterm Dach oder der „Raum mit Podest“ (R205), die nun als Sozial- bzw. als Kopierraum dienen. Trotzdem gibt es immer noch einige nur bedingt als Klassenzimmer benutzbare Räume wie R313 oder GYM, die im Zuge der Sanierung durch angemessene Räume in Bezug auf Größe, Arbeitsklima und Ausstattung ersetzt werden können. Grundlage der Planungen sind eine 3,5-Zügigkeit, die nun auch von der Schulverwaltung anerkannt wird. So wird die Schule wie bisher 25 Klassenzimmer und 16 Fachräume (z.B. Musik, Physik) haben, allerdings in einer zeitgemäßen Größe und Ausstattung. Leider beschränken sich die Planungen aus finanziellen und aus Platz-Gründen auf das organisatorisch Notwendige. Weitergehende pädagogisch-didaktische Gesichtspunkte (Lernateliers/Offene Räume) oder die potentielle Rückkehr zum neunjährigen Gymnasium wurden nicht berücksichtigt.
Trotzdem ist die Schulgemeinschaft froh und dankt an dieser Stelle dem Gemeinderat, der mit einer überwältigenden Mehrheit am 21.01.2021 die Sanierung der bestehenden Gebäude und den Bau des Science-Cubes beschlossen hat. Er hat sich dabei für die Variante entschieden, die zwar nicht die billigste, aber die beste und nachhaltigste Alternative ist. Diese ist unter Abwägung aller Aspekte die langfristig sinnvollste und kostenmäßig am besten zu planende Variante. Sie hat außerdem den Vorteil, dass die Bauabschnitte nacheinander und nicht gleichzeitig anfallen, so dass der Schulbetrieb mit gewissen Einschränkungen während der Sanierung weitergehen kann. Wir freuen uns auf die nächsten zehn Jahre, in denen aus der Tradition die Moderne am Hohenstaufen-Gymnasium erwächst.
weitere Abbildungen: geplantes Gesamtensemble, Südansicht "Cube"
Alle Fotos: R. Hellstern; alle Modelle: hjp-Architekten Würzburg